Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es.
Erich Kästner
Was ist Pferdethermografie?
Pferdethermografie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem das Pferd auf Entzündungen, Überbelastungen und Unterversorgung vor allem des Bewegungsapparats untersucht werden kann – ambulant, strahlungsfrei, berührungslos und präzise.
Das Verfahren misst die Temperatur auf der Körperoberfläche millimetergenau und gibt konkrete Hinweise auf Durchblutungs- und Stoffwechselvorgänge im darunter liegenden Gewebe.
Termin vereinbarenWann wird die Thermografie am Pferd eingesetzt?
Die Thermografie wird in unterschiedlichen Fällen am Pferd eingesetzt:
- Die Thermografie eignet sich zur Früherkennung bei Läsionen der unteren Gliedmaßen (#Sehnenschaden)
- In der Phase des Antrainierens nach orthopädischen Verletzungen
- Zur Kontrolle der Sattelpassform
- Begleitend zur Ankaufsuntersuchung
- Bei Auffälligkeiten, die unspezifisch beim Reiten auftreten, bei denen der Tierarzt berechtigterweise fragt: „Wo soll ich denn anfangen zu suchen?“ Hier kann das thermografische Screening entscheidende Hinweise liefern, um ein Bauchgefühl bei der Reiterin mit präzisen Daten zu illustrieren.
Die Thermografie gibt dem Graubereich zwischen Reitergefühl und einer tierärztlichen Diagnose sprichwörtlich Farbe.
Das Verfahren der Thermografie
Thermografie ist unter dem Begriff „Wärmebild-Kamera“ als Instrument bekannt, um z.B. Wärmelecks an Gebäuden zu erkennen.
Es handelt sich dabei weniger um ein Bild, vielmehr um eine Messung, die in einer farbigen Grafik dargestellt wird, dem Thermogramm.
Die medizinische Infrarotthermographie misst die Temperatur auf der Haut- bzw. Felloberfläche millimeterexakt. Im Fall meiner Kamera, der FLIR E75, mit 320×240 Pixeln, mit 76.800 Temperaturmesspunkten.
Die Grundlage dafür bilden die Lebensvorgänge in Säugetieren, die immer mit Energie- und Wärmeumsatz einhergehen.




Woher kommt die Wärme im Gewebe?
Die Temperatur im Muskelgewebe, der Körperschale, wird beeinflusst durch Stoffwechselaktivität, Durchblutung und Bewegungsenergie. Dabei gilt: mehr davon ergibt mehr Wärme, weniger davon weniger Wärme, das kennen wir alle von eigenen Körperreaktionen.
Zum Beispiel bei kalten Händen durch eng gestellte Gefäße und verminderte Durchblutung zum Schutz vor Wärmeverlust im Winter. Oder beim Sport, das gegenteilige Beispiel, wo uns bei intensiver Bewegung immer wärmer wird bis wir schließlich sogar schwitzen, weil der Körper die Kühlung aktiviert, um nicht zu überhitzen.
Ein Nebenprodukt dieser Bewegungsenergie (kinetischer Energie) ist immer auch thermische Energie – also Wärme.
Im Körperkern geschützt, liegen die inneren Organe mit hohem Energieumsatz, die Orte der Wärmebildung, sie werden von der Thermografie nicht erfasst. Der Wärmehaushalt eines gleichwarmen Körpers, bei Säugetieren oder Vögeln, ist also eine äußerst komplexe und dynamische Angelegenheit.
Die Auswirkungen der physiologischen Vorgänge in der Körperschale, mit ihren Muskeln, Sehnen, Bändern und Knochen, können von der Thermografie gemessen und farbig dargestellt werden. Im Idealfall eines gesunden Organismus herrscht thermische Symmetrie – also rechter Kronrand/Fesselkopf/Buggelenk etc. gleichwarm wie die entsprechende Region auf der gegenüberliegenden, linken Körperseite.
Warum kann man von der Oberflächentemperatur konkret auf darunter liegendes Gewebe schließen?
Die Körper gleichwarmer Tiere (ebenso wie Menschenkörper) sind permanent bestrebt, ihre Temperatur konstant zu halten, das nennt sich Thermoregulation. Eine vermehrte, lokale Wärmebildung im Gewebe der Körperschale wird entsprechend dieses Prinzips nach außen abgeleitet. Das geschieht lokal durch vermehrten Blutfluss und über weiter gestellte Gefäße.
Über der erwärmten Region wird Temperatur in einer bestimmten Wellenlänge im Infrarotbereich abgegeben, die dann von der Kamera gemessen werden kann.
Körpervorgänge, die sichtbar gemacht werden können
Wo Zellen von Muskeln, Knorpeln, Knochenhaut zu sehr beansprucht wurden, dorthin schickt der Körper Reparaturbotenstoffe (Entzündungsmediatoren wie Histamin, Serotonin, Prostagladine, etc), die über die Blutbahn angeliefert werden und am Ort des Geschehens durch die Gefäßwände ins betroffene Gewebe diffundieren.
Das sorgt dort für die typischen Anzeichen einer Entzündung:
- Schwellung
- Schmerz
- Rötung
- funktionelle Einschränkung
- Wärme
Die Kamera kann diese Wärme präzise analysieren und darstellen, im Seitenvergleich spricht man ab einem Unterschied von 0,3°C von einem thermischen Befund.
Was ist der Unterschied zu anderen bildgebenden Verfahren?
Im Gegensatz zu den bewährten Verfahren der Veterinärmedizin, wie Röntgen oder Ultraschall, die spezifisch die Anatomie abbilden, bildet die medizinische Thermografie physiologische Prozesse ab – die Durchblutung, den Gewebestoffwechsel.
Den Unterschied zwischen der Darstellung der Physiologie (Lehre der Lebensvorgänge) und der Anatomie (Lehre des Körperbaus) kann man in Bezug auf die Thermografie am besten so beschreiben:
Röntgen
Abbildung der Anatomie
Das Röntgenverfahren fragt:
Was HAST du GEMACHT?
Thermografie
Abbildung der Physiologie
Die Thermographie fragt:
Was MACHST du GERADE?
Pluspunkt Prävention
Das verschafft der Thermografie einen deutlichen Vorsprung, da Körperreaktionen erfasst werden können, bevor Gewebe geschädigt wird.
Bei Sehnen- und Gelenksbetreffenden Läsionen sind bis zu zwei Wochen vor einer klinisch auftretenden Lahmheit bereits (entzündliche) Veränderungen messbar.
Dieser zeitliche Vorteil, die sprichwörtliche Früherkennung durch die Kamera, ist gerade bei Pferden besonders wertvoll, weil sie als Fluchttiere auf Kompensation gebaut sind und die Natur keine Schmerzenslaute vorgesehen hat.
Die rechtzeitige Reaktion bei einer erkannten Sehnenüberlastung verhindert den Sehnenschaden und damit einen langwierigen Heilungsprozess.
Ist Thermografie schon eine Diagnose?
Das thermografische Screening ist noch keine Diagnose. Bei medizinischen Fragen dient sie als Bindeglied zu einer anschließenden tierärztlichen Untersuchung mit Diagnose und Behandlung.
Auf thermische Asymmetrien bei der Sattelkontrolle kann die Reiterin hingegen direkt reagieren (#Schiefe des Pferds #Sitz) oder den Sattler mit den Thermogrammen arbeiten lassen. Ebenso bei trainingsbedingten thermischen Auffälligkeiten in bemuskelten Bereichen. Hier dient das Thermogramm als konkrete Übersicht für Reiter/in und Trainer/in.




„Wenn du deine Sicht auf die Dinge veränderst, verändern sich die Dinge, die du siehst.“
Dr. Wayne Dyer